Die Diskussion um Menschen, die sich mit ihrem Geschlecht nicht wohlfühlen, ist nicht neu. Mit Bezug auf die Bundesfreiwilligenarmee wird sie jedoch seit Kurzem wieder aktuell, weil US-Präsident Donald Trump solche Menschen nicht dienstwürdig findet. Transmenschen sind bei der Bundeswehr jedoch kein größeres Problem, solange sie die Dienstvorschriften beachten und ihre weibliche bzw. männliche Seite nur im privaten Raum ausleben.
Diversität gilt im Bundesfreiwilligenheer nicht als Ausschlussgrund. Niemand in der Führungsriege hat ein Problem damit, wenn ein männlicher Feldwebel sich nach Dienstschluss in ein Kleid wirft und Pumps anzieht. Die Toleranz für solche Themen ist in der Gesellschaft heute größer. Gleichwohl müssen transsexuelle Bundeswehrsoldaten mit Mobbing oder Häme seitens ihrer Kollegen rechnen.
Es ist durchaus Normalität im deutschen Heer, dass ein männlicher Feldwebel sich nach Dienstschluss Kleider anzieht, schminkt und ausgeht. Wichtig ist lediglich, dass solche Menschen den Dienstvorschriften genügen, die für das angeborene Geschlecht gelten. Soldaten, die in einem männlichen Körper geboren werden, sich aber schon in Kindertagen als Frau wahrnehmen, werden aus der deutschen Freiwilligenarmee nicht ausgeschlossen.
Oftmals wählen Transsexuelle bewusst eine Karriere als Berufssoldat, um sich selbst ihrer Männlichkeit zu versichern. Die widerstreitenden Gefühle zwischen Körperlichkeit und weiblichem Empfinden stellen für die Betroffenen eine große Herausforderung dar. Oftmals trauen sie sich erst nach Jahrzehnten, sich gegenüber ihrer Mitwelt zu outen. Eine Karriere als Berufssoldat verhilft vielen Betroffenen zu Ansehen. Auf Auslandseinsätzen beweisen die Betroffenen Mut. Letzten Endes nützen alle selbst gewählten Ablenkungsmanöver nichts: Die Wahrheit will ans Tageslicht. Als Führungskräfte haben Transsexuelle immerhin ein Anrecht auf eine eigene Stube und entsprechende Privatheit.
Viele Menschen, die solche Leidenswege durchmachen müssen, entscheiden sich irgendwann dazu, offen zu sich zu stehen. Der anfängliche Gedanke, sich niemals zu outen, wird durch zunehmenden Leidensdruck beiseite geschoben. Das Outing wird oft schon während der Dienstzeit vollzogen.
Die deutsche Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen sieht in Diversität kein Randthema. Das sieht der amtierende US-Präsident Donald Trump anders. Nach seinem Plan soll amerikanischen Transfrauen und -männern der Dienst in der US-Armee künftig verwehrt werden. Die deutsche Verteidigungsministerin lud hingegen im Januar 2018 zu einem Workshop zum Thema „Sexuelle Orientierung und Identität in der Bundeswehr“ nach Berlin ein. Die Zielsetzung dieses Workshops war, das Arbeitsumfeld von betroffenen Soldaten so zu gestalten, dass die sexuelle Orientierung und die damit verbundene Identität nicht zu Konflikten führen. Dieser Ansatz ist in der Bundesarmee keineswegs unumstritten.
Die Medien stürzten sich auf das Thema. Sie spotteten über das „Sex-Seminar“. Selbst der frühere Generalinspekteur der Bundeswehr wusste nicht, was er mit dieser Veranstaltung anfangen sollte. Er tat so, als sei Diskriminierung unter Soldaten kein Thema. Dass häufige Schikane, Mobbing- und Stalking-Vorkommnisse oder Diskriminierungen zwischen heterosexuellen Männern und Soldatinnen durchaus ein wichtiges Thema sind, umschifft der gute Mann diskret. Was gewohnheitsmäßig verleugnet und tabuisiert wird, ist eben kein diskussionswürdiges Thema.
Es schmälert aus Sicht von manchen Vorgesetzten das Ansehen der Soldaten und Soldatinnen, über Transmenschen auch nur zu reden – geschweige denn, sie zu dulden oder ihnen Sonderrechte einzuräumen. Sexuelle Übergriffe unter Soldatinnen und Soldaten sind an der Tagesordnung. Unrühmlich bekannt wurde diesbezüglich die Kaserne in Pfullendorf. Über die Hälfte der Soldatinnen in Deutschland hat bereits sexuelle Anfeindungen erlebt. Jeder kann sich vorstellen, was transsexuelle Menschen erleben, zumal diese eine kleine Minderheit darstellen. Die meisten Betroffenen outen sich während ihrer Dienstzeit bewusst nicht.
Wenn Soldaten und Soldatinnen die Gesellschaft realitätsnah abbilden, dann eben auch in ihrer Intoleranz. Ob man mit transsexuellen Vorbildern, die sich geoutet haben, etwas ändern kann, sei dahingestellt. Am Beispiel eines transsexuellen Oberstleutnants im Generalstab, der seine Geschichte mittels einer Reportage im Bundeswehr-Magazin erzählte, sollte mehr Verständnis für transsexuelle Soldaten und Soldatinnen geschaffen werden. Die Karrierechancen der Betreffenden sind durch das öffentliche Outing nicht geschmälert worden. Sie wurde zum „Ansprechpartnerin für Transgender-Menschen“ ernannt und leitete auf dem bereits erwähnten Workshop einen Arbeitsgruppenbereich.